Hochzeitsgedicht

Hochzeitsgedicht

(mit einem Frühlingsblumenstrauß)
Maienkönig schickt mich her,
sagte, daß hier Hochzeit wär,
sollt fein gratulieren;
suchte einen vollen Strauß
allerschönster Blüten aus,
euer Haus zu zieren.

Himmelschlüssel, goldig, zart,
Blumen von besondrer Art,
schickt er euch mit Grüßen.
Seht, sie leuchten sonnengleich;
Liebe heißt das Himmelreich,
das sie euch erschließen.

Dieses blaue Sternchen spricht
frommen Sinns: Vergißmeinnicht,
vergiß mir nicht die Treue!
Treue, die zu Liebe steht,
ist so stark wie ein Gebet,
tröstet stets aufs neue.

Hier Narzissen. Weiß und rein,
ohne Makel sollt ihr sein,
hütet Sinn und Herzen!
Seht der Unschuld klares Bild;
wer an ihm sich stärkt und stillt,
trägt leicht Not und Schmerzen.

Nehmt hin, was der Mai geschickt,
nehmt den Strauß und seid beglückt
für ein langes Leben!
Unverwelklich blüh er fort,
tief in eurer Seele Hort
glühe göttlich Streben!
Paula Dehmel (1862-1918)

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